Sonntag, 28. April 2013

Abenteuergefühl

Ein Bericht über die Hilfsbereitschaft von Russen. Einen Ausflug in den "Streichelzoo".  Einen vorbildlichen Taxifahrer und einen Ausflug nach Выборг.

Seit langen schreibe ich mal wieder etwas über meine Arbeit.
Es ist nicht so, dass nichts passieren würde von dem ich erzählen könnte. Aber es passieren viel zu viele Kleinigkeiten, die die Zeit unvergesslich machen.

Wir haben auf Arbeit ein Mädchen, Johanna.
Johanna ist 12 Jahre alt und dem entsprechend auch groß. Sie ist Autistin und bekommt seit kurzen Medikamente, die sie beruhigen sollen, denn sie bekam in letzter Zeit immer häufiger und immer stärker Anfälle in denen sie sich selber schlägt, um sich tritt, beißt, schreit und weint. Und es ist unmöglich sie alleine zu beruhigen. Deswegen die Medikamente.
Letzten Dienstag waren wir spazieren. Luise, Johanna, Hans (ein weiteres Kind) und ich.
Da unser Zentrum abgelegen ist und nur eine kleine Straße zu ihm führt kann man auch das Gelände zum spazieren verlassen.
Gut gelaunt und mit der Hoffnung etwas Sonne zu sehen machten wir uns auf den Weg.
Weit kamen wir allerdings nicht, den Johanna bekam auf der Straße einen Anfall.
Ungefähr 15 Minuten lag sie auf der Straße und hat geschrienen und geweint.
Luise und ich waren ein wenig überfordert, weil wir hatten ja noch Hans dabei, den wir nicht einfach alleine lassen konnten, da auch er zu kleineren Anfällen neigt in denen er sich selbst schlägt.
Vom Zentrum bekamen wir auch niemanden ans Telefon. Also waren wir alleine.
Johanna hatte sich wie gesagt nach ungefähr 15 min wieder soweit beruhigt, dass wir zurück gehen konnten.
Das war er also unser Spaziergang.
Was aber das erstaunliche war. Johanna hatte ihren Anfall vor einem Продукты. Das ist ein kleines Lebensmittelgeschäft und deswegen kamen verhältnismäßig viele Leute an uns vorbei.
Und wir wurden von 4 Passanten gefragt, ob sie uns helfen könnten.
Und das in einem Land, in dem ganz oft die Meinung vertreten wird, dass behinderte eine Strafe Gottes seien.

Auf Arbeit haben wir jetzt die Kinder in 2 Gruppen geteilt.
In einer Gruppe sind die älteren Kinder und in der anderen logischerweise die jüngeren.
Am Mittwochen machten wir uns mit der älteren Gruppe auf in den "Streichelzoo".
Mit Mäusen ging es los, weiter mit Meerschweinchen, Hasen, Hühner, aber es gab auch Stachelschweine, Schildkröten und Schlangen.
Ein Streichelzoo sieht für mich zwar anders aus, aber es gab Tiere, die wir streicheln durften. Und es war ein schöner Tag für die Kinder und für mich. (Ein Tierschützer würde bei der Haltung der Tiere allerdings vermutlich in Ohnmacht fallen)
Ein russischer "Streichelzoo"


Am selben Tag ist mir dann etwas etwas passiert, womit ich nie gerechnet hätte, dass das passieren würde.
Seit kurzem bringe ich Arvid nach Hause. Arvid ist 6 Jahre alt und zählt nicht gerade zu den Riesen seines Alters.
Normaler weise setzte ich ihn im Taxi neben mich und halte ihn fest. Anschnallen kann ich ihn nicht, denn da es keine Kindersitze gibt ist er zu klein für den Gurt.
An diesem Tag hatte ich allerdings einen Fahrer, der darauf bestanden hat, dass ich Arvid während der Fahrt auf meinen Schoss setzte (das sei sicherer) und vorallem hat er darauf geachtet, dass ich mich anschnalle!
Ja, ein russischer Taxifahrer hat darauf geachtet, dass ich mich anschnalle und das ist schon etwas "besonderes".
Weil das normale Bild sieht so aus, dass wenn es Gurte gibt sie nicht funktionieren, oder der Taxifahrer schaut einen komisch an oder sagt: "не нужно" (also "nicht nötig").
Oder es gibt die Variante, dass die Gurte fein säuberlich hinter der Rückbank versteckt sind.
Also geht es so gut wie immer unangeschnallt mit durchschnittlich 70 km/h durch die Stadt.
Aber es gibt anscheinend auch vorbildliche Taxifahrer hier in Russland.

Zum Schluss jetzt noch zu meinem gestrigen Tag.
Gestern ging es nach Выборг. Das ist eine kleine Stadt ungefähr 150 km nördlich von St. Petersburg gar nicht mehr weit weg von der Grenze zu Finnland.
Die 150 km waren mit der Elektritschka in 2 Stunden gefahren und ganz ehrlich. Die deutsche Bahn könnte sich etwas von den Preisen hier in Russland abschauen. Ich habe umgerechnet keine 3€ für eine Strecke bezahlt und hinzukommt, dass es eine ganz spezielle Atmosphäre gibt.
Выборг ist so ganz anders als St. Petersburg und es tat mal gut, wieder kleine Häuser und kleine Gassen zusehen.
Und am Ende waren wir alle hin und weg, denn wir sind in einem Park spazieren, der aus einem riesigen Wald bestand.
Выборг von oben

Wir hatten in dem Park auch irgendwie das Gefühl auf Abenteuerausflug zu sein, weil es ging in wahrsten Sinne des Wortes über Stock und Stein.







Unsere Elektitschka nach Hause- so eine (neue) hatten wir alle noch nie gesehen




Glücklich und zufrieden ging es dann Abends wieder nach Hause.

Und jetzt müssen wir noch 2 Tage arbeiten und dann haben wir ein sehr langes Wochenende und dann sind es wieder nur 3 Tage die wir arbeiten müssen und es gibt wieder ein verlängertes Wochenende.
Ich wünsche euch eine schöne Arbeitswoche.

Küsse aus Russland

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